Im offenen Jugendwerkhof Crimmitschau arbeiteten Jugendliche im Schichtsystem für den VEB Volltuchwerke Crimmitschau.
Foto: Christiane Eisler 1982/1983

Die Geschichte – Teil 1

Was ist Zwangsarbeit?

Im Jahr 1930 beschloss die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), eine Unterorganisation des Völkerbundes (heute UNO), „Zwangs- und Pflichtarbeit in allen ihren Formen möglichst bald zu beseitigen“. Sie nutzte dabei folgende Definition:

„Als ‚Zwangs- oder Pflichtarbeit‘ im Sinne dieses Übereinkommens gilt jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.“
Aus praktischen Gründen wurde diese Definition eingeschränkt. Erlaubt sein sollten Arbeiten auf der Basis

  • einer Militärdienstpflicht,
  • üblicher Bürgerpflichten der Bürger mit „voller Selbstregierung“ (also nicht in Kolonien und Mandatsgebieten).
  • anerkannter Bürgerpflichten (z.B. Deichpflege an der Küste, aber keine nationalen Pflichtdienste!),
  • von Anforderungen bei Naturkatastrophen,
  • einer individuellen gerichtlichen Verurteilung (Arbeiten sind also nicht einfach Teil einer Haftzeit.

Die erlaubten Arbeiten waren mit erheblichen Einschränkungen versehen. Es musste eine individuelle Verurteilung zur Verrichtung bestimmter Arbeiten vorliegen. Die Arbeit durfte keinem wirtschaftlichen Gewinnstreben folgen. Sie hatte unter internationaler Kontrolle auf die Einhaltung bestimmter Mindestbedingungen stattzufinden.

Die DDR hat diese und weitere ILO-Konventionen nicht eingehalten. Sie hat Strafgefangene und Jugendliche in Heimen und Jugendwerkhöfen ohne gerichtliche Verurteilung zu Arbeiten herangezogen, überhöhte Normen festgesetzt und den Arbeitsschutz auf ein Minimum reduziert. Deshalb sollte man bei der erzwungenen Arbeit von Häftlingen im DDR-Strafvollzug und ähnlichen Einrichtungen von „international geächteter Zwangsarbeit“ sprechen.

ILO-Kovention 29

ILO-Konvention 105

Mädchen des Jugendwerkhofs Eilenburg
arbeiten zu Beginn der 1980er Jahre in der
Getränkeproduktion.
Foto: Archiv der Gedenkstätte GJWH