Gefangene bei der Arbeit für das Brauhaus Halle.
Foto: Sammlung Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale)
Die Geschichte – Teil 2
Geschichte der Zwangsarbeit in SBZ und DDR
Regelmäßige produktive Arbeiten sind für Strafgefangene erlaubt. Sie werden vielfach als Erleichterung des Haftalltages wahrgenommen, wenn damit die Eintönigkeit und Langeweile durchbrochen werden kann. Voraussetzung ist, dass die Arbeit den internationalen Konventionen entspricht, die seit 1930 entwickelt wurden.
Diese „klassischen“ Arbeitsbeziehungen zwischen örtlichen Strafanstalten auf der einen Seite und regionalen Firmen auf der anderen Seite, die zum Teil die nationalsozialistische Zeit überdauert hatten, zerfielen nach 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone. Die neuen Verwalter der Volkseigenen Betriebe und der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften standen der Beschäftigung von Strafgefangenen in der Regel zunächst ablehnend gegenüber. So herrschte in den ersten Jahren nach 1945 in den Gefängnissen der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) ein extremer Arbeitsmangel mit schwerwiegenden psychischen Folgen für die Insassen.
In der gleichen Zeit wurden in der SBZ für delinquente Jugendliche und erwachsene Strafgefangene nach sowjetischem Vorbild Arbeitslager eingerichtet, die in der Regel aus Holzbaracken einfachster Bauart bestanden, die von Stacheldrahtverhauen und Wachtürmen mit Scharfschützen umgeben waren. Die Insassen wurden an umliegende Betriebe verliehen. Bei Johanngeorgenstadt z.B. verbrachten Strafgefangene den Winter in einem ungeheizten Güterzug, um beim Gleisbau eingesetzt zu werden.
Mit Gründung der DDR im Jahr 1949 wurden beide Grundtypen (Lager und Gefängnisse) vom Innenministerium übernommen und weitergeführt. In den folgenden Jahren wurde die Zwangsarbeit als volkswirtschaftlicher Faktor behandelt. Ziel war die hundertprozentige Beschäftigung der Strafgefangenen in der Industrie. Strafgefangene wurde auch entgegen internationalen Konventionen im Bergbau eingesetzt. Medizinische Betreuung, Freizeit, Arbeitsrechte und Unfallschutz wurden auf ein kalkuliertes Minimum abgesenkt, sodass die Arbeitskraft der Strafgefangenen bei maximalem Nutzen erhalten blieb.
Seit den 1960er Jahren wurden die Strafgefangenen in die Planwirtschaft integriert, d.h. jedem Industriebereich wurde nach einem festen Schlüssel eine bestimmte Anzahl an Strafgefangenen zugesichert. Ungeklärt ist bis heute, wie die dazu passende Zahl von Verurteilungen zustande gekommen ist.
Ende der 1970er Jahre ging die DDR sehr langsam dazu über, die internationalen Regeln der Vereinten Nationen umzusetzen. Dazu gehörten die „Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen“, die von der UN bereits 1955 beschlossen worden waren. Da die Zahl der Strafgefangenen in dieser Zeit abgesenkt wurde, wuchs der Druck auf den einzelnen Gefangenen, die überhöhten Normen zu schaffen.
Der Ersatz der Zwangsarbeit durch eine akzeptable Gefangenenarbeit gehörte im Herbst 1989 zu den Forderungen vieler Strafgefangener, die erstmals streikten oder friedlich „ihre“ Anstalt besetzten. Die damit eingeleiteten Reformen sind Teil der Friedlichen Revolution.
Großwäscherei des VEB Rewatex –
hier mussten in den 1970er und 1980er Jahren Insassinnen
des Frauengefängnisses Grünauer Straße Berlin arbeiten.
Foto: Günter Reinhold
Stanzmaschine im Produktionsbereich
des ehemaligen geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau.
Foto: Carsten Klein, Archiv der Gedenkstätte GJWH